9. Rötzer Kulturfestival vom 08.12.2007

“Herob’n”, aber nicht abgehoben

Ein Lächeln huschte übers Gesicht von Werner Schmidbauer, als die letzten Töne von „I glaub“ erklungen waren. Eines von vielen Liedern, mit denen der Liedermacher aus Bad Aibling seinem Publikum etwas sagen will. Die Botschaft, nicht alles zu glauben, was uns im Leben so alles vorgebetet wird von den Mächtigen, kam an bei den Rötzer Schmidbauer-Fans – was wiederum beim Star auf der Bühne ankam. Mit seiner sympathischen Art hat sich Werner Schmidbauer in mittlerweile 30 Jahren auf den Brettern dieser Welt schon in viele Herzen gesungen, und seit Samstag sind es auch in und um Rötz viele mehr.

Die inzwischen neunte Ausgabe des Kulturfestivals im ausverkauften Fürstenkasten setzte einen weiteren Farbtupfer in der ohnehin bunten Historie der Rötzer Musikszene. Dauerbrenner Darius Saleki stellte zu Beginn sein erstes Solo-Album „Da.S. Guitar Project“ vor, ehe die Lokalmatadoren von Tangerine, einst die Erfinder des Kulturfestivals, das Feld bestellten für Werner Schmidbauer und seinen musikalischen Partner Martin Kälberer.

Von Anfang an war sie da, die unsichtbare Verbindung zwischen Schmidbauer und seinem Publikum. Der 46-jährige Bad Aiblinger scherzte mit seinen Zuhörern und forderte sie. Er hatte einen ganzen Nikolaus-Sack voller Ãœberraschungen mitgebracht ins vorweihnachtliche Rötz – eine „vogelwilde Mischung“ aus 30 Jahren Schmidbauer und zehn Jahren „zwoa alloa“ mit Martin Kälberer, wie der Star ohne Allüren augenzwinkernd ankündigte.

Wenn Werner Schmidbauer musikalisch erzählt, wie schön es „herob’n“ ist, dann möchte man ihn am liebsten auf einer seiner Bergtouren im Mangfallgebirge begleiten. Die Hatz des Alltags hinter sich zu lassen, das Gefühl von Freiheit zu genießen, einfach mal Zeit zu haben – derartige Glücksmomente sind in der schnelllebigen Zeit von heute zum seltenen Privileg geworden.

In seinen Liedern setzt Schmidbauer auf Emotionen, er gibt viel Persönliches preis – so erzählt er beinahe euphorisch über die Lebensfreude seiner Tochter, spricht unerfüllte Wünsche aus und stürzt sich gemeinsam mit seinem Publikum ins kollektive Jammertal. Mit dem Ziel, gemeinsam wieder heraus zu klettern. Für die Bayern- Fans im Fürstenkasten hatte das Schmidbauer-Konzert nach dem enttäusch- enden 0:0 gegen Bundesligakellerkind Duisburg beinahe was von einer psychologischen Sitzung und prompt fühlte sich die torlose Nummer wie ein 2:0-Erfolg an.

Zu diesem Zeitpunkt war das 1:0 für die Besucher des Kulturfestivals längst gefallen. Die Vorarbeit hatte die Rötzer Band Tangerine geleistet. In bewährter Manier zauberte die fünfköpfige „unplugged“ Formation um Frontfrau Lucia Neumeier und Bandleader Toni Artmann das gewisse Etwas in den Fürstenkasten. Manche meinten sogar, Tangerine war an diesem Samstag besser als je zuvor. Auch die Lokalmatadoren hatten eine schöne Ãœberraschung dabei fürs Publikum: Pink’s viel beachtetes „Dear Mr. President“ auf bayerisch. Als Werner Schmidbauer die Kulturfestivalpioniere zur gemeinsamen Zugabe auf die Bühne bat, verfestigte sich der Eindruck, dass Rötz und Schmidbauer irgendwie zusammen gehören: „Mir genga alle unsern Weg…“

Kunst und Musik beim Kulturfestival im Fürstenkasten
Wieder mal ein Volltreffer war das Kulturfestival im Fürstenkasten. Alle Jahre wieder wird das Konzerthighlight im Kalender der Rötzer Musikszene auch von einer Bilder- und Fotoausstellung geschmückt. In diesem Jahr präsentierten die Rötzer Aquarell- Malerin Michaela Tremmel, Rita Zwicknagl aus Rötz (Acryl) sowie der Pantograf Franz Bauer aus der Nachbarstadt Waldmünchen ihre Werke. Während Michaela Tremmel und Franz Bauer fast schon zum Inventar der Traditionsveranstaltung gehören, feierte Rita Zwicknagl in diesem Jahr ihre Kulturfestival-Premiere. Auch die Künstler mit Pinsel und Kamera leisten ihren Beitrag zum Status der Guttensteiner-Stadt als kulturelle Hochburg des Landkreises Cham.