Caspar Guethel wurde am 4. oder 5. Januar 1471 in Rötz geboren, er war damit auch ein Zeitgenosse des Guttensteiners. Allerdings lasse sich das Geburtsdatum aktenmäßig nicht belegen, sagte Gmach. Doch aus der Leipziger Universitätsmatrikel geht seine Abstammung eindeutig hervor. 1494 schrieb er sich als „Caspar Guethel de Reytze“ als Angehöriger der bairischen Nation ein. Sein Gelehrtenname lautete zudem „Retzensis“. Sein Vater dürfte der sehr vermögende Andre Guethel gewesen sein, der 1483 in einer Bürgerliste erwähnt wird. Der junge Caspar Guethel wurde streng katholisch erzogen und war ein sehr ernsthafter junger Mann, ein verzweifelter Gottessucher, wie es zu jener Zeit viele gab. Am Ende des 15. Jahrhunderts herrschte geradezu eine hysterische Angst vor dem himmlischen Strafgericht, die von der Amtskirche auch geschürt wurde. Caspar Guethel fühlte sich in Rötz „wie der Gichtbrüchige im Teich von Bethesda, der da gesagt hat: Ich habe keinen Menschen, der mich zum heilenden Quell trägt“. Er unternahm sieben große Wallfahrten ins Salzburgische, nach Altötting und Aachen. 1494 nahm er an der Universität Leipzig ein Studium der Theologie auf, dass er 1498 mit der Priesterweihe abschloss. Er studierte in Rom und Bologna, ehe er um 1500 seine erste Pfarrstelle in Brüx, dem heutigen Most bei Teplice im heutigen Tschechien antrat - unweit der sächsisch-böhmischen Grenze. 1504 war er wieder im Leipziger Kolleg, wo er sich dem Bibelstudium widmete. Ab 1510 trat Caspar Guethel in Ehrenfriedersdorf bei Zwickau und dort selbst auf. Er war knapp 40 Jahre alt und ein hoch geschätzter und angesehener Kanzelprediger. Er war etabliert und hatte alles erreicht, was er im Grunde gar nicht wollte, beschrieb Tino Gmach den Rötzer Bürgersohn. Um vollkommen zu werden, verschenkte er sein Vermögen an die Kirche von Zwickau und trat in das Augustinerstift Neustadt an der Ohra ein. Aber mit einem Leben in klösterlicher Abgeschiedenheit sollte es nichts werden.
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