Neben kleinen rechteckigen Maueröffnungen, die im Treppenaufgang Licht spenden sollen, fallen dem Betrachter vor allem die vier Rundbogenfenster unterhalb der Uhr im oberen Drittel des Turmes ins Auge. Diese „Schallöcher“ für die Kirchenglocken gewähren auch einen prächtigen Ausblick über die Dächer der Stadt hinweg in die nähere und weitere Umgebung. Vom so genannten Türmerstübchen aus, das noch über dem Glockenstuhl liegt, verrichtete der Stadttürmer bis weit in das 20. Jahrhundert hinein seinen Dienst, um über die Stadt zu wachen. Tino Gmach nahm dies zum Anlass, bei der Führung näher auf diesen für das Ordnungswesen der Stadt so wichtigen Berufsstand näher einzugehen, zumal ihm im Hinblick auf die Feuersicherheit eine besondere Bedeutung zu kam. Das Leben des Türmers war im wesentlichen von zwei Aufgaben bestimmt: zum einen war es der Wachdienst, zum anderen die Musik. Einen genauen Einblick in den Aufgabenbereich des Türmers gibt ein „Aufnahm- und Bestallungsbrief“ aus dem Jahr 1795: “Bürgermeister und Rath der Churfürstlichen Oberpfälzischen Stadt Rötz übertragen am 19. Januar 1795 für den verstorbenen Thürmermeister Friedrich Kellner dem Thürmerprinzen Christoph Mayerhofer, aus der Stadt Weiden gebürtig und ehemaligen Thürmergesellen zu Floß, aufgrund seiner schriftlich eingereichten Applikation den Thürmerdienst in der Stadt Rötz. Die Fähigkeit des Bewerbers ließ sich der Magistrat von den benachbarten Türmermeistern Wolfgang Thobmayer aus Schwarzenhofen und Joseph Eidenhart aus Waldmünchen bescheinigen. Der Türmerdienst war ähnlich dem Handwerk zunftmäßig organisiert. Ein Türmergeselle musste eine Reihe von Vorbedingungen erfüllen, wollte er sich um eine Stelle als Türmermeister bewerben - unter anderem eine „ehrliche und eheliche Geburt“ nachweisen, eine ordnungsgemäße mehrjährige Lehre durchlaufen und schließlich ein „Probespiel“ bestehen. Bei den primitiv gebauten Häusern, vielfach waren nur die Umfassungswände gemauert, dem Aufbau aus Holz, das Dach mit Stroh oder Schindeln gedeckt, konnte sich Feuer ungleich schneller ausbreiten als heutzutage. Sobald sich eine verdächtige Brandröte zeigte, hatte der Türmer den Brand durch Sturmschlag an die große Glocke zu melden und durch das Hissen einer roten Fahne in Richtung des Brandherdes anzuzeigen. In der Nacht wies eine rote Laterne den Helfern den Weg. Ein Feuer in den umliegenden Dörfern war mit einer Trompete zu signalisieren.
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